Ungewöhnlicher Tanzabend:
Zur Musik
marschiert
auch der
Trommler mit

Rhythmische Musik erfüllt den Raum, in dem ein Kreis von Tänzern Hand in Hand versucht, den Takt in harmoni- sche Schrittfolgen umzusetzen. "Rechts, links, rechts-links-rechts" hilft der in der Mitte des Kreises mar- schierende Trommler alias Peter Rie- del denjenigen, die beim "Freylekh" anfangs noch Probleme haben, ihre Beine richtig zu sortieren. Doch schon bald ist jeder im richtigen Takt, und der große Kreis aus Menschen kommt langsam, aber sicher in Schwung.
Es ist keine Polonaise, die hier am Abend in der Villa Leon geprobt wird, auch wenn die Formationen manch- mal ein wenig Ähnlichkeit haben: Die Tänze, die auf dem Programm stehen, tragen Namen wie "Bulgar", "Hora" oder "Khosidl". Sie alle stammen aus dem Bereich der Klezmer-Musik, die ja ursprünglich die Tanzmusik der ost- europäischen Juden war. Klezmorim hießen die Musiker, die auf Hochzei- ten, Geburtstagen, Erntefesten und zu anderen Anlässen spielten.

Konzert-Reihe
und Tanz-Abende

Lebhafte und fröhliche Weisen fin- den sich genauso wie ernste und getragene Musik. In der "Villa Leon" hat Klezmer einen festen Stellenwert: Gerade läuft eine Reihe mit Auftritten mehrerer internationaler Klezmer- Bands, und einmal im Monat ist eben Klezmer-Tanzabend.
Die Gruppe, die den Takt vorgibt, nennt sich "Klezmaniaxx" und kommt aus Erlangen. Die Rolle des mit weis- sem Taschentuch voranschreitenden Zeremonienmeisters und Vortänzers übernimmt Bandmitglied Rudolf Harder.
"Mit dem Klezmertanz bin ich zum ersten Mal 1998 in Prag in Berührung

Angeführt von "Klezmaniaxx"-Schlagzeuger Peter Riedel, bewegen sich die Klezmer-Tänzer durch den Veranstaltungssaal der Villa Leon. Einmal monatlich findet hier der "Klezmer Tants"-Abend statt. Foto: Gerullis

gekommen", erinnert sich der Musi- ker. Es war bei einem Klezmer-Konzert in einem alten Kino, bei dem eine Band aus Budapest aufspielte.
"Es war wie bei einem Rockkon- zert", so Harder. Der Geiger sprang nach dem 2. Stück von der Bühne und führte die erste Kette aus tanzenden Menschen an. Die Tanzbegeisterung griff dann in Windeseile auf alle ande- ren Besucher über und infizierte auch Harder nachhaltig. Auf einem Klez- mer-Workshop in Weimar holte er sich schließlich 2003 das nötige Rüst- zeug zum Tanzlehrer.
Bei den "Tants"-Abenden in der Villa Leon stehen die Grundschritte auf dem Programm: Vorwärtsschritte, Wechselschritte, sowie mehr oder weniger komplizierte Menschen-Ara- besken. Das Tempo ist bisweilen so schnell, dass die vorwiegend weibli- chen Teilnehmer gehörig ins Schwit-

zen geraten, dann wird es wieder ruhig und majestätisch. So etwa bei der "Hora", mit der früher traditionell das Brautpaar nach Hause begleitet wurde.
Die "Klezmaniaxx" sind als Klez- mer-Band seit 1998 aktiv, vorher waren die Musiker in verschiedenen Bands aus der Folk- und Rockszene aktiv. Ihre erste CD trägt den Titel "Shiker und schräg" und wurde dadurch ermöglicht, dass die Band bei einem Wettbewerb der "Musikzen- trale" vier Aufnahmetage in einem Studio gewonnen hatte.
Die "Klezmer Tants"-Veranstaltun- gen in der Villa Leon sind allerdings nicht nur auf den harten Kern der "Klezmaniaxx" beschränkt: Auch Musiker sind aufgerufen, sich unter dem Sammelnamen "Frankistaner Klezmorim" bei einer Art Session zu beteiligen.

Den Umstand, dass im Städtedrei- eck Nürnberg-Fürth-Erlangen eine so lebendige Klezmer-Szene existiert, schreibt Harder übrigens in erster Linie dem Bardentreffen zu: Dadurch sei in der Region ein extrem großes Interesse an den verschiedensten Arten von Ethno-Musik gewachsen.
Und auf jeden Fall auch ein sehr großes Interesse an Volkstänzen: Der harte Kern der Klezmer-Tanzgruppe bleibt bis um 23 Uhr bei der Sache, wenn es darum geht, sich zu ver- und wieder zu entwirren, oder wenn man bei einem schier endlosen chassidi- schen Kreistanz zwischen Trance und Entrückung schwankt.
Clemens Helldörfer

Die Veranstaltungsreihe "Klezmer Tants!" findet an jedem 3. Donnerstag im Monat ab 20 Uhr in der Villa Leon, Philipp- Körber-Weg 1 (ehemaliges Schlachthof- gelände), statt.